Zahl der Arbeitslosen ist in NRW im Juli leicht gestiegen

(dpa/lnw) – Zum Start der Sommerferien ist die Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen leicht gestiegen. Insgesamt seien im Juli im bevölkerungsreichsten Bundesland rund 646 000 Menschen arbeitslos gewesen, knapp 12 500 mehr als im Vormonat, berichtete am Mittwoch die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit. Grund dafür seien vor allem vorübergehende Arbeitslosmeldungen jüngerer Menschen, die ihre berufliche Ausbildung zum Sommeranfang abgeschlossen hätten und sich jetzt eine neue Stelle suchen müssten.

„Im Juli hat sich der Arbeitsmarkt von seiner typischen sommerlichen Seite gezeigt“, betonte die Chefin der Regionaldirektion NRW, Christiane Schönefeld. Der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zum Ende der Ausbildungsperiode sei in jedem Jahr wieder zu beobachten. Doch hätten die Betroffenen erfahrungsgemäß beste Chancen schnell wieder in Arbeit zu finden. „Gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte werden von der Wirtschaft in NRW intensiv gesucht“, sagte Schönefeld.

Insgesamt habe sich der Arbeitsmarkt in NRW auch im Juli weiter robust gegen die derzeit zu beobachtende leichte konjunkturelle Abkühlung gezeigt, betonte sie. Der Anstieg der Zahl der Arbeitslosen liege knapp unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen erreiche mit knapp 168 000 zwar nicht mehr die Spitzenwerte der Jahre 2017 und 2018, liege aber nach wie vor auf einem guten Niveau.

Die Arbeitslosenquote stieg in NRW im Juli um 0,1 Punkte auf 6,6 Prozent. Bundesweit liegt sie bei 5,0 Prozent.

Wohnungslosenhilfe: Hunderttausende ohne eigene Wohnung (dpa)

Hunderttausende Menschen in Deutschland müssen ohne eigene Wohnung auskommen – auf der Straße lebt allerdings nur ein kleiner Teil von ihnen. Nun gibt es neue Schätzungen.

Hunderttausende Menschen leben in Deutschland ohne eigene Wohnung. Nach Schätzungen seien im Verlauf des Jahres 2017 insgesamt 650.000 Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen gewesen, teilte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) am Dienstag mit.

Es handele sich dabei um eine Hochrechnung. Die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag) hatten zuerst darüber berichtet.

Unter den Wohnungslosen waren laut den Zahlen der BAGW 375.000 anerkannte Asylsuchende und Flüchtlinge sowie weitere rund 275.000 Betroffene, die unter anderem in Einrichtungen der Kommunen und von Hilfsorganisationen untergekommen waren. Laut BAGW erfasst die Schätzung all jene Menschen, die innerhalb eines Jahres einmal wohnungslos waren – wenn auch nur vorübergehend.

Die Zahl der Wohnungslosen zu einem bestimmten Stichtag liege deutlich unter der Gesamtzahl für ein Jahr. So schätzt die Arbeitsgemeinschaft, dass es zum 30. Juni 2017 insgesamt rund 440.000 Menschen ohne Wohnung gegeben habe, davon 287.000 anerkannte Flüchtlinge und rund 153.000 Wohnungslose, die von Einrichtungen der Kommunen und freier Träger unterstützt worden seien. Eigene frühere Schätzungen seien aufgrund mangelnder aussagekräftiger Daten veraltet, erklärte die BAGW.

Von Obdachlosigkeit betroffen seien etwa 48.000 Menschen gewesen, berichtete die Arbeitsgemeinschaft aufgrund ihrer Schätzung. Darunter seien schwerpunktmäßig Menschen aus anderen EU-Staaten, vor allem aus Osteuropa.

Die Geschäftsführerin der BAGW, Werena Rosenke, forderte mehr sozial gebundene Wohnungen. „Benötigt werden pro Jahr 80.000 bis 100.000 neue Sozialwohnungen und weitere 100.000 bezahlbare Wohnungen“, verlangte die Arbeitsgemeinschaft.

Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wurden 2018 bundesweit 287.000 Wohnungen fertiggestellt. Allerdings gebe es in großen Städten einen gravierenden Wohnungsmangel, in kleineren Städten und auf dem Land dagegen Leerstände und ein Überangebot.

Der Sozialverband VdK Deutschland erklärte, Wohnen sei ein Menschenrecht für alle und dürfe nicht zur existenziellen Frage für den Einzelnen werden. „Die Politik muss endlich mehr bezahlbaren Wohnraum sichern und in sozialen Wohnungsbau investieren. Außerdem brauchen wir eine gut funktionierende Mietpreisbremse, die den rasanten Mietanstieg drosselt“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW wies kürzlich darauf hin, dass bei preiswerten Mietwohnungen nur die Hälfte des Neubaubedarfs bundesweit gedeckt werden konnte und bei Sozialwohnungen noch weniger.

Hartz IV : Mindestlohn senkt Aufstockerzahl kaum

Am 1. Januar 2015 wurde der Mindestlohn eingeführt. Doch die Zahl der Arbeitnehmer, die im Vollzeitjob auf Hilfe zum Lebensunterhalt vom Staat angewiesen sind, ist durch die Lohnuntergrenze so gut wie nicht gesunken.

Die Zahl der Arbeitnehmer, die in einem Vollzeitjob nicht genügend für den Lebensunterhalt ihrer Familie verdienen und deshalb auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen sind, ist seit Einführung des Mindestlohns Anfang 2015 um knapp 7000 und damit kaum nennenswert gesunken. Das geht aus Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Demnach gab es im Jahresdurchschnitt 2014 noch 211.700 Arbeitnehmer, die im Vollzeitjob die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen mussten. Im November 2017 war ihre Zahl mit 205.000 nur geringfügig niedriger.

Die Zahl der Hartz-IV-Aufstocker insgesamt sank im Vergleich zu der Zeit vor dem Mindestlohn um etwa 200.000 von knapp 1,3 Millionen im Jahr 14 auf 1,1 Millionen im Februar 2018. Der größte Teil dieser Differenz ist allerdings auf einen starken Rückgang der geringfügig Beschäftigten zurückzuführen, die zusätzlich Arbeitslosengeld II beziehen. Ihre Zahl sank um über 110.000.

Ein Hauptargument für die Einführung des Mindestlohns war, dass eine große Zahl von Arbeitnehmern mit Vollzeitjobs nicht genügend für ihren Lebensunterhalt verdienten und ihnen die gesetzliche Lohnuntergrenze helfen würde, dieses Ziel zu erreichen. Tatsächlich zeigt der Mindestlohn bisher aber nicht diese Wirkung. Eine Erklärung dafür ist, dass der Brutto-Stundenlohn tatsächlich deutlich über dem Mindestlohn liegen müsste, damit Betroffene aus der ergänzenden Sozialhilfe herausfinden könnten. Würde der Mindestlohn aber zu stark angehoben, dürften viele Arbeitnehmer mit geringer Produktivität wieder in die Arbeitslosigkeit rutschen, weil die Arbeitgeber nicht bereit wären, für sie deutlich höhere Mindestlöhne zu zahlen.

Dennoch ist das Argument nicht aus der Welt. Die Gewerkschaften nutzen es, um in der Mindestlohnkommission ihren Einfluss geltend zu machen. Ende Juni hatte die Kommission ihre Empfehlung zur Anfang 2019 anstehenden Erhöhung bekanntgeben. Das Gremium richtet sich vor allem nach dem Tarifindex des Statistischen Bundesamts, also einer Berechnung der Lohnentwicklung aufgrund hunderter Tarifverträge. Die Statistikbehörde hatte im Januar bekannt gegeben, dass der monatliche Index der tariflichen Stundenverdienste von Dezember 2015 bis Dezember 2017 um 4,8 Prozent gestiegen ist. Sehe die Kommission keine besonderen Umstände in der Konjunkturentwicklung, so das Statistikamt, werde sie der Tarifentwicklung folgen: Unter diesen Voraussetzungen müsste der Mindestlohn ab dem 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro ansteigen. Die Kommission soll im Rahmen einer Gesamtabwägung prüfen, welche Höhe einen angemessenen Mindestschutz für die Beschäftigten bietet, faire Wettbewerbsbedingungen ermöglicht und die Beschäftigung nicht gefährdet.

verdi-Streiks im Einzelhandel: Immer mehr Hartz-IV-Aufstocker wegen Niedriglöhnen

Linke fordert , Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären

Die Linke im Bundestag fordert, dass Tarifverträge „leichter als bisher“ für allgemein verbindlich erklärt werden können. Damit solle unter anderem im Einzelhandel dem Lohndumping ein Riegel vorgeschoben werden, sagte der gewerkschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Pascal Meiser, am Donnerstag. Anlass sind die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage seiner Fraktion und die laufenden Tarifverhandlungen der Branche.

Im Einzelhandel arbeiten derzeit gut drei Millionen Menschen, das sind 240 000 mehr als vor zehn Jahren. Meiser findet diese Entwicklung jedoch allenfalls zum Teil erfreulich. Denn nach Auskunft der Bundesregierung arbeiten mehr und mehr Menschen in der Branche nur Teilzeit. Es sind mittlerweile 49,7Prozent, während in der Gesamtwirtschaft dieser Anteil nur 28Prozent beträgt. Vier von zehn Neueinstellungen seien befristet, knapp eine Million Beschäftigte arbeiteten zu Niedriglöhnen. Meiser hat die ihm von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Statistiken ausgewertet und kommt zu dem Schluss: Während in der Gesamtwirtschaft die Zahl derjenigen zurückgegangen sei, die ihren Lohn mit Hartz IV aufs Existenzminimum aufstocken müssten, sei er im Einzelhandel gestiegen, um 13 Prozent, auf68 000. Und „allein mit den unbezahlten Überstunden“ könnten in der Branche fast 22 000 Stellen geschaffen werden – und zwar Vollzeitstellen.

Im Handel laufen seit Monaten Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und den regionalen Arbeitgeberverbänden. Verdi fordert im Schnitt eine Tariferhöhung von 6,5 Prozent für zwölf Monate, die Arbeitgeber zum Beispiel in Hessen bieten maximal 2,9 Prozent, allerdings für zwei Jahre. Die Gewerkschaft ruft immer wieder zu Streiks auf, am Donnerstag lud sie vor dem Verhandlungslokal im hessischen Mörfelden-Walldorf zu einer Kundgebung. Allerdings ist ihre Verhandlungsmacht begrenzt. Nur wenige Verkäuferinnen und Verkäufer sind Mitglied, Schätzungen sagen weniger als zehn Prozent. Über die Folgerungen daraus gibt es unterschiedliche Vorstellungen: Der Linken-Politiker Meiser verlangt, die Bundesregierung müsse die Möglichkeit erleichtern, einen Tarifvertrag für allgemein verbindlich zu erklären. Der Handelsverband Deutschland (HDE) wiederum ruft die Gewerkschaft dazu auf, die Tarifverträge zu „modernisieren“. Dann würden sich auch wieder mehr Firmen als bisher an einen Tarifvertrag binden.